ERSTER PROZESS GEGEN RUSSISCHEN OFFIZIER WEGEN MORD AN TSCHETSCHENIN MOSKAU, 2. Maerz (RIA-"Nowosti"-Korrespondent). Erstmals muss sich ein Angehoeriger der russischen Armee oeffentlich vor Gericht fuer Verbrechen im abtruennigen Konfliktgebiet Tschetschenien verantworten. Das Militaergericht in der suedrussischen Stadt Rostow am Don eroeffnete am Mittwoch das Verfahren gegen den frueheren Kommandeur eines Panzerregiments wegen Mordes an einer 18-jaehrigen Tschetschenin im Maerz 2000. Der Menschenrechtskommissar des Europarates, Alvaro Gil-Robles, aeusserte sich in der tschetschenischen Stadt Gudermes besorgt ueber Menschenrechtsverstoesse in der Kaukasusrepublik. "Das Volk glaubt der Staatsmacht solange nicht, bis sie erste Ergebnisse der Gerichtsverfahren gegen Verbrecher sieht", sagte Gil- Robles nach einem Treffen mit der von Russland eingesetzten Tschetschenien-Verwaltung in Gudermes. Der vor Gericht stehende Oberst Juri Budanow soll sein Opfer Elsa Kungajewa aus deren Heimatdorf verschleppt, geschlagen und spaeter erstickt haben. Das russische Fernsehen zeigte Bilder von der Verhandlung. Der Prozess wurde am Freitag fuer einige Tage ausgesetzt. Die russische Fuehrung hatte nach der Festnahme Budanows zum ersten Mal ein Verbrechen ihrer Soldaten an der tschetschenischen Zivilbevoelkerung oeffentlich eingestanden. Der Europarat warf der russischen Justiz in der Vergangenheit wiederholt ein Nichteingreifen bei Verbrechen gegen Unbeteiligte in Tschetschenien vor. Nach Berichten von Menschenrechtsorganisation sollen Armeeangehoerige in Hunderten von Faellen Maenner, Frauen und Kinder in der abtruennigen Kaukasusrepublik entfuehrt, gefoltert oder getoetet haben. Bislang seien 58 Strafverfahren gegen russische Soldaten in Tschetschenien eingeleitet worden, teilte der oberste Militaerstaatsanwalt des Landes, Michail Kislizyn mit. Zwoelf Verfahren wurden bereits abgeschlossen. Unter anderem seien zwei Zeitsoldaten fuer einen Raubueberfall zu Haftstrafen von neun und zwoelf Jahren verurteilt worden. Die Gerichtsverhandlungen waren nicht oeffentlich. Am Stadtrand der tschetschenischen Hauptstadt Grosny seien mehrere weitere Maennerleichen in einem Massengrab entdeckt worden. Bereits am Wochenende waren in einem Grab in einer zerstoerten Gartenhaussiedlung bei Grosny 16 Leichen von getoeteten Tschetschenen entdeckt worden. Bei einer Unterredung mit Russlands Justizminister Juri Tschaika wuerdigte Gil-Robles am Freitag die vom russischen Praesidenten Wladimir Putin getroffene Entscheidung, einen Teil der russischen Truppen aus der abtruennigen Republik abzuziehen. Zudem wuerdigte der Menschenrechtskommissar die schrittweise Wiederaufbau des Gerichtssystems in der Tschetschenenrepublik.